Allgemeines zu Grenzsteinen und Grenzen
Früher wurden Grenzen durch natürliche Merkmale wie Bäche/Flüsse, Berge oder sogar z. B. alte Grabhügel o.ä. Markiert. Bemerkenswert hierbei eine Beschreibung über den Einflussbereich des Klosters Alpirsbach aus dem Jahre 1099 (HStA Stuttgart A 470 U 1) (frei übersetzt): Am Heimbach bei Wälde, aufwärts bis zur Einmündung des Staffelbachs nördlich von Fluorn. Den Staffelbach hinauf bis zu seinem Ursprung, von dem aus die Grenze über Rötenberg zum Rötenbach und an diesem hinab bis zu seiner Mündung in die Kinzig führt. Die Kinzig abwärts bis zur Mündung der Kleinen Kinzig bei Schenkenzell und diese aufwärts über Wittichen bis zu deren Ursprung. Von dort aus über die Wasserscheide bis zum Rötenbächle und an diesem abwärts bis zum Ellenboger Tal. Von dort zuletzt über den Vogelsberg bis zum Heimbach bei Wälde.
Waren solche natürlichen Möglichkeiten nicht vorhanden, errichtete man auch kleinere künstliche Wälle, benutzte Bäume und Felsen mittels Markierungen oder Holzpfähle.
Nach einer alten Grenzbeschreibung waren die Andreaskreuze an den Bäumen stets drei Fuß (ca. 90 cm) über dem Boden angebracht. In der Geometrischen Beschreibung der Stadt Freiburg aus dem Jahre 1608 wird das Maß für die "Lochen" der Bäume mit drei Zoll angegeben. Der Balken eines solchen "Kreuzlochen" war demnach etwa 9 cm lang.
Die ersten Grenzsteine in Baden-Württemberg dürften ca. im 14./15. Jhdt. gesetzt worden sein – ganz genau lässt sich dies allerdings nicht mehr sagen. Einer der ältesten bekannten Grenzsteine in BaWü ist aus dem Jahr 1467 und steht bei Bad Säckingen. Der sogenannte Kreuzstein aus Freiburg i. Br. dürfte sogar noch aus dem 14 Jhdt. stammen.
Der Begriff Markung bedeutet Grenze/Bereich. Abmarken heißt folglich Grundbesitz verschiedener Eigentümer mit Grenzzeichen abzugrenzen.
Grenzfrevel
Bereits in der Bibel unter 5. Buch Mose 27:17 steht: Verflucht sei, wer seines Nächsten Grenze
verrückt... In der peinlichen Halsgerichtsordnung von Kaiser Karl V aus dem Jahr 1532 wird in Artikel 114 festgesetzt: „dass derjenige, welcher in gefährlicher Weise einen Marckstein verrückt,
abhauet oder verändert mit einer Leibesbestrafung zu belegen sei.“ Solche abschreckende Strafen waren auch notwendig, da es immer das Bestreben der Menschen war, ihren Besitz zu vergrößern.
Der Rechtsgelehrte Andreas Knichen [Knichen, A.: De jure superiorit. territii. Hanau 1603.] schrieb im Jahre
1603, dass folgende Strafandrohung vorgelesen wird, aber nicht mehr gebräuchlich sei: "Wo einer wissendlich
Marksteine ausgrabet / den soll man in die Erde graben biß an den Halß / und sollen dann nehmen 4 Pferde die des Ackers nicht gewohnt seyn / und einen Pflug der neu ist / und sollen die Pferde
nicht mehr gezogen / und der Enkh (Knecht) nicht mehr geähren (gepflügt) noch den Pflughalter nicht mehr den Pflug gehalten haben / und ihme nach den Halß ähren / biß so lange er ihme der Halß
abgeähren hat."
Im 17. Jhdt. jedenfalls hätte der Frevler eher mit Stockhieben oder Landesverweis zu rechnen, als solch drakonische Strafe. Grenzfrevler kommen auch regelmäßig in Volkssagen vor, Menschen die ruhelos im Bereich eines Grenzsteines umherspucken. Bekannt ist z. B. die Sage von 3 Männern, welche sich beim Dreiherrenstein zwischen Fluorn/Winzen und Rötenberg erschlagen haben sollen und seither dort ihr Unwesen treiben sollen.
Grenzumgang
Um Grenzstreitigkeiten vorzubeugen fanden regelmäßig sogenannte Grenzumgänge statt auch Untergang genannt. In Württemberg war das Untergangsgericht das Organ, das das Setzen von Grenzsteinen überwachte und auch bei Streitigkeiten angerufen wurde. Jeder Ort hatte solch ein Untergangsgericht zu wählen bzw. zu stellen. Die Personen waren oft angesehene Bürger ihrer Gemeinde oder Amtspersonen wie Schultheise und Vögte und wurden in manchen Gegenden auch Feldrichter genannt, selbstverständlich wurden diese Personen auch vereidigt. Jede Gemeinde hatte zudem Untergangsprotokoll zu führen. Bestimmungen über dieses Untergangsgericht sind schon seit 1555 im 1. Landesrecht aufgeführt und wurden später immer wieder erneuert und geändert. Ab 1819 gingen in Württemberg Funktion und Recht der Untergänger auf den jeweiligen Gemeinderat über. Solche Grenzumgänge ähnelten manchmal einem kleinen Volksfest, wobei Speis- und Trank gereicht wurden.
Zeugen
Diese Untergänger legten fest, wann z. B. ein Grenzstein neu gesetzt werden musste und legten unter die Grenzsteine geheime Zeichen, sogenannte Zeugen. Anfänglich waren diese Zeugen z. B. In zwei Teile gebrochene Keramik-Scherben (gefunden im Trautenbach an der Grenze Aistaig/Boll) Ziegelstücke oder Glas etc. Ab dem 18. Jhdt. kamen dann auch Zeugen aus gebranntem Ton auf, oft mit dem Wappen oder einer Abkürzung der beiden angrenzenden Orte versehen.
Einer der ältesten bekannten Zeugen Baden-Württembergs aus Ton stammt aus Oberndorf am Neckar aus dem Jahre 1678 und ist heute im Vermessungsamt Rottweil ausgestellt.
Eine erste Beschreibung der Oberndorfer Markung liegt aus dem Jahre 1663 vor, darin sind insgesamt 58 Marksteine beschrieben.
Aufbau von Grenzsteinen:
Am Kopf ist immer der Grenzverlauf durch eine Linie eingehauen. Auf den Seiten sind dann als Abkürzung die Ortsnamen oder deren Wappen (manchmal auch beides) wiedergeben. Viele Grenzsteine sind laufend durchnummeriert, was ebenfalls auf dem Stein markiert wurde. Auf wichtigen Grenzsteinen wurde zudem die Jahreszahl der Steinsetzung eingehauen.
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